In dem Podcast befasst sich die Diskussion mit der sich entwickelnden Landschaft des Beschaffungs- und Lieferkettenmanagements und beleuchtet dabei die wichtigsten Herausforderungen und innovativen Ansätze. Das Gespräch behandelt die Schwierigkeit, vollständige Transparenz in Lieferketten zu erreichen, insbesondere in Bezug auf Scope-3-Emissionen, und die Notwendigkeit praktischer, aber zuverlässiger Messmethoden. Es werden Erkenntnisse aus Forschungskooperationen ausgetauscht, wie z. B. mit Supply Chain Control Towers, die darauf abzielen, diese Transparenzprobleme zu lösen, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Darüber hinaus untersucht der Podcast die Komplexität der Beschaffung von Industriesoftware und betont den Wandel von der traditionellen Hardwarebeschaffung hin zur Verwaltung dynamischer, sich entwickelnder Softwarebedürfnisse.
Die Zukunft der Beschaffung wird zunehmend strategisch ausgerichtet, wobei der Schwerpunkt auf Risikomanagement, Innovation und der Gewinnung von Spitzentalenten liegt. Der Podcast unterstreicht die wachsende Bedeutung der Beschaffung als Motor für Geschäftsstrategie und Nachhaltigkeit und geht gleichzeitig auf die Notwendigkeit ein, dass sich Beschaffungsexperten an neue Methoden und Technologien anpassen müssen. Im Gespräch wird darüber nachgedacht, wie sich die Beschaffung in eine strategischere und innovativere Funktion verwandeln kann, die sich als entscheidendes Element für den Erfolg moderner Unternehmen positioniert.
Fabian | 00:01.60
Herzlich willkommen zu Procurement Unplugged, dem Podcast mit Einkaufsexperten für die Einkaufswelt. Schön, dass Sie einschalten. Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von Procurement Unplugged. Heute mit Professor Christoph Bode. Es freut mich sehr, dass du heute bei uns bist. Herzlich willkommen.
Prof. Christoph | 00:21.81
Hallo Fabian. Herzlichen Dank für die Einladung.
Fabian | 00:26.20
Ja, Christoph, es ist ja auch sehr spannend, auf deinen Werdegang zu schauen. Vielleicht könntest du uns mal erläutern, wie hast du deine Passion zu Procurement gefunden und wieso bist du eine der wenigen, in Anführungsstrichen, Unikate im deutschsprachigen Raum, der auch sehr viel in Forschung investiert in diesen Themenbereich?
Prof. Christoph | 00:46.17
Klar, sage ich gerne. Also ich bin in der Tat zum Einkauf ein bisschen durch Umwege gekommen. Ich bin ursprünglich vom Bodensee bzw. vom Allgäu. Abi gemacht und dann Wehrdienst geleistet. Ich komme väterlicherseits aus einer Ingenieursfamilie. Ich habe immer gedacht, dass die höchste Ausbaustufe, die ein Mensch erreichen kann, ist, Ingenieur zu werden.
Ich wollte dann entsprechend auch in die Richtung mich im Studium orientieren, aber habe dann auch schnell gemerkt, dass so Technik im Engeren jetzt nicht meine absolute Pforte ist. Und dann war eben die Lösung Wirtschaftsingenieur in Karlsruhe, was ich als super Studiengang finde.
Und da bin ich dann so eben in Kontakt gekommen mit mathematischer Optimierung im Bereich Logistik, Lieferketten, Supply Chain Management. Meine erste Supply Chain Management Vorlesung damals gehört bei Knut Ahlicke, der heute Partner ist für Supply Chain Themen bei McKinsey und der da eine tolle Vorlesung gehalten hat, schon 2001, sowas um den Dreh. Und ja, dann wie man sich so in dem Bereich weiterentwickelt, dann in der Logistik auch erstmal geblieben, ganze Reihe Themen. Dann in der Promotion auch im Bereich Risiko gemacht, Lieferketten, Logistik-Dienstleistungsthemen.
Habe promoviert an der WHU in Fallender und das hat mir da so viel Spaß gemacht. Hatte auch dann in erster Folge beim Publizieren, dass ich dann mit meinem Doktorvater, Stefan Wagner, nach Zürich gewechselt bin. War dann fünf Jahre dort, habe mich habilitiert. Eigentlich auch mehr so im Bereich erst Logistik, Supply Chain, aber irgendwann habe ich dann gemerkt, dass... die meisten Themen, die mich interessieren, irgendwas mit Lieferanten oder mit der Lieferantenseite von Supply Chains zu tun. Und dann gemerkt, dass man das eigentlich auch gut aus einer Einkaufsperspektive betrachten kann.
Also die ganzen Themen, die ich damals schon hatte, Innovation, Risiko, das war auch so Ende der 2000er am Anfang, dann so die Nachhaltigkeitsthemen, die aufgekommen sind und wo man dann auch interessante Fragestellungen, würde ich jetzt mal sagen, auch aus Optimierungssicht in dem Bereich schon adressieren konnte. Genau, und dann bin ich eben dabei geblieben, hatte dann noch so ein paar Auslandstationen und irgendwann dann das Angebot bekommen, nach Mannheim zu wechseln.
Und Mannheim ist natürlich eine tolle Sache. Wir haben hier fantastische Studenten, macht viel Spaß hier mit den hervorragenden Studenten da in den Bachelor-und Masterprogramm zu arbeiten. Und ich habe dort eben... Verantwortung übernommen für einen Lehrstuhl, der nennt sich Stiftungslehrstuhl für Procurement, der an der BWL-Fakultät angesiedelt ist in der Area Operations Management. Und das Besondere, das jetzt auch schon gerade angerissen ist, ist eben, dass wir als eine der ganz wenigen Forschungsgruppen uns wirklich true blue mit dem Thema Einkauf hier beschäftigen.
Die Initiative für diesen Lehrstuhl, daher auch der Name Stiftungslehrstuhl, kam von einem Kreis von Unternehmen. Der Deutsche Einkaufsverband, der BME, war auch dabei, die eben gemerkt haben, wir müssen für das Thema auch irgendwo einen Leuchtturm in der deutschen Einkaufs-, in der deutschen Hochschulszene etablieren, damit auch interessante, gute Talente da sich für das Thema begeistern. Und mittlerweile gibt es uns sieben Jahre. Der Stifterkreis existiert immer noch mit den Unternehmen SAP, Hilti, Klaas, Roche, der BME.
Demnächst kommt noch ein neuer Stifter dazu, ist noch nicht ganz spruchreif, aber wir haben, glaube ich, einen ganz tollen neuen Stifter auch bald und haben mit denen echt ein Win-Win-Zusammenarbeit. Ich glaube, wir sind nicht nur in Mannheim an der Uni, sind wir ein tolles Beispiel, eben wie Unternehmen und betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre sehr gut zusammenarbeiten können, sondern ich würde auch sagen, für Deutschland ist das echt ein tolles Beispiel. Oft hat das Ganze ja so ein bisschen eine anrüchige Komponente in Deutschland, dass da Unternehmen sich irgendwie, ich weiß nicht, Zugang zu Hochschulen kaufen.
Aber bei uns ist es echt, wir können vielleicht nachher auch noch kurz über Forschung sprechen, echtes Win-Win. Wir haben tolle Themen, die wir uns anschauen können, Zugang zu Daten. Gleichzeitig profitieren unsere Studenten ja auch von dem Kalibrieren, dass wir hier nicht irgendwie Forschung und Lehre machen im Ivory Tower, sondern auch wirklich Themen, die jetzt in der Praxis zählen.
Fabian | 05:19.68
Ja, vielleicht, wenn ich hier einatmen dürfte, das wäre vielleicht ganz spannend zu erfahren. Jetzt bist du ja dort schon einige Jahre quasi in diesem Sektor oder in diesen Themen drin. Wie hat sich denn das verändert oder wie haben sich die wissenschaftlichen Fragestellungen und vielleicht auch die Forschung verändert über die letzten 10, 15 Jahre?
Prof. Christoph | 05:38.57
Also die Themen kommen und gehen. Vielleicht kommen auch wieder. Also nur als ein Beispiel in meiner Promotion 2008 abgegeben, habe ich mich mit Störungen in Lieferketten beschäftigt. Und das Thema, ich meine, ist jetzt so aktuell wie...
Kaum ein anderes, vielleicht noch mit Nachhaltigkeit, aber wenn man uns jetzt so das Ganze, wenn man die Zeitung aufschlägt oder ich hatte gerade einen Economist in der Hand, steht was drin über Versorgungsrisiken und Störungen und was weiß ich, Engpässe auf den Beschaffungsmärkten. Also ich glaube, grundsätzlich ändern sich einfach ein bisschen dann Schwerpunkte auch wieder über die Zeit.
Was definitiv jetzt immer mehr dann auch in den letzten zehn Jahren in den Fokus gekommen ist, ist halt das Thema Nachhaltigkeit. Das war schon Mitte der 2000er irgendwo da, aber ich würde behaupten, lang wurde das auch betrieben einfach von auch Kolleginnen und Kollegen, die halt mehr so einen Prediger-Fokus hatten. Unternehmen müssen mehr tun und das reicht alles nicht.
Aber damit kann ich halt als Betriebswirt, ich bin ehrlich gesagt ja kein Betriebswirt, habe ich ja gesagt, sondern Wirtschaftsingenieur, aber als jemand, der sich mit betriebswirtschaftlicher Forschung beschäftigt, nicht viel anfangen, weil ich muss halt mich interessieren, wenn Trade-offs... Mich interessieren einfach Situationen, wo es halt schwierig ist, sich zu entscheiden und nicht einfach, wir müssen mehr machen.
Wenn ein Manager in der glücklichen Situation ist, dass er mit einer Initiative sowohl Kosten sparen kann als auch CO2 einsparen, wunderbar, soll er oder sie das machen, hätten sie vielleicht schon vorher machen sollen dann. Aber da kann ich keinen Beitrag leisten. Das ist für mich keine spannende Frage. Für mich ist eine spannende Frage dort, wo es irgendwie Abwägungsentscheidungen gibt.
Da kommen wir erst so jetzt in den letzten Jahren dazu, dass man sich halt auch an diese wirklich so kniffligen Fragestellungen rantastet, wo man sich auch ehrlich eingestehen muss, zum Beispiel auch im Einkauf. Ich kann halt nicht alles haben, sondern ich muss so ein bisschen mir überlegen, was ist meine Erwartung von der Umwelt an mich und wie muss ich mich entsprechend dann darauf oder in meinen Entscheidungen darauf einstellen.
Also lange Rede, Nachhaltigkeit ist sicherlich so das Thema, was so in den letzten 10, 15 Jahren am stärksten rausgekommen ist. Und ich glaube, da haben wir auch noch in den nächsten Jahren viel zu tun. Das andere, klar, ist Digitalisierung. Man trifft natürlich auch deine Aktivitäten stark. Da hat in allen Unternehmensbereichen die Transformation eingesetzt und der Einkauf ist da sicherlich auch ein großer Battleground. Da wird auch weiter passieren. Wir haben den Eindruck jetzt auch, was wir in der aktuellen Empirie gerade gemacht haben mit Marcel Vollmer, den du ja auch gut kennst, mit einer großen Befragung.
Und da zeigt sich, dass in den Unternehmen so ein bisschen auch das schwere Atmen und der Hype vielleicht ein bisschen in die Realität zurückgeführt wird. Wenn man sich so ein bisschen den Gardner Hype Cycle anschaut, kommen wir vielleicht so in der Realität an. Und die guten Ideen, die guten Digitalisierungstools, die werden jetzt halt zunehmend eingesetzt oder sind in den Roadmaps auch von den Unternehmen irgendwo drin. Und Sachen, die sich dann halt rausgestellt haben, als einfach noch nicht reif genug.
Ich nehme mal jetzt mal ein Beispiel Blockchain und Distributed Ledger. Tolle Technologie. Hat sich irgendwie jeder dann mal vor den letzten drei Jahren angeguckt und überlegt, kann man da was machen? Da gibt es auch ein paar tolle Beispiele und auch gute... Bekannte und Freunde von mir forschen in dem Bereich, aber das ist der große Game Changer für die nächsten fünf Jahre irgendwo mal sein wird, eher nicht. Und ich glaube, solche Erkenntnisse haben dazu geführt, dass dieses Digital Transformation Thema doch in gewisser Weise wieder ein bisschen in die Normalität reinkommt.
Das wäre mein zweites großes Thema. Und dann, gut, haben wir halt auch so ein paar neue Ideen bezüglich, wie sollte der Einkauf aufgestellt werden, Operating Model des Einkaufs und mehr so eine organisationstheoretische Fragestellung. Machen wir auch ein paar Sachen, gerade zum Thema Agilität, kann ich vielleicht nachhauen. bisschen was erzählen. Da bin ich jetzt aber auch nicht der absolute Experte. Aber da kann ich mir durchaus vorstellen.
Fabian | 10:11.19
Also ich meine, man hört ja raus, es sind viele wiederkehrende, sagen wir mal, Epics, die dann mit neuen Themen immer wieder kommen. Und ich meine, brandaktuell sehen wir auch die Themen in den Medien, wie es du angesprochen hast. Darfst du über brandaktuelle Forschungsthemen bei euch auch reden, wo ihr da gerade arbeitet? Das wäre vielleicht auch sehr schön. Spannend für die Wörter.
Prof. Christoph | 10:32.67
Klar, welcher Akademiker redet nicht gern über seine Forschung, mache ich natürlich total gern. Also jetzt ganz konkret die großen Forschungsprojekte, die wir haben. Wir haben eins gerade zum Thema Transparenz in Lieferketten oder vielleicht auch eher so auf eine Beziehungsebene geguckt.
Du hast ja auch in dem Bereich mal gegründet, wo es darum geht, einfach Transparenz in Beschaffungsmärkten zu schaffen. Ich glaube, da ist viel zu tun. Das hat so viele Anknüpfungspunkte zu den Themen, die wir jetzt auch schon gesprochen haben. Risiko hat was mit Transparenz zu tun, Nachhaltigkeit hat was mit Transparenz zu tun. Es gibt so viele Punkte, wo man sich eben erstmal über dieses...
Komplexität auflösen und einfach mehr Sichtbarkeit in die Logistik, in die Transporte bis hin irgendwie in die höherstufige Lieferkette beschäftigen muss. Das gucken wir uns an. Wie kriegt man Unternehmen dazu, also wie kriegt man Lieferanten dazu, dass sie eben von sich heraus eine Neigung haben, eine ehrliche Transparenz zu kommunizieren und gleichzeitig auch zu schaffen auf ihrer Seite. Ich meine,
Fabian | 11:48.27
Stichwort Transparenz und Lieferketten ist ja quasi der Traum eines jeden Einkäufers oder Großkonzerns, diese Endtier-Kettentransparenz. Jetzt sind da quasi von meiner Seite aus zwei Fragen. Zum einen, es scheint ja immer relativ unrealistisch, das wirklich über drei, vier Stufen einer Kette hinzubekommen. Da müsste man ja nach Humboldt die Welt neu vermessen.
Das andere Thema, du hast vorher Trade-Offs angesprochen. Ist das überhaupt so ein gewinnbringender Trader, wenn man als Unternehmen quasi dann noch das dritte und vierte Klient der Kette so genau kennt? Und gibt es vielleicht dafür auch schon Lösungsansätze in der Forschung?
Prof. Christoph | 12:25.27
Ja, genau. Also ich gebe dir genau da recht. Wir reden immer so, als wäre das so eine einfache Sache, auch im politischen Dialog, jetzt so Lieferkettengesetz oder auch was manchmal in Forderungen im politischen Kontext da. schnell mal dahergesagt wird, so jetzt messen die Unternehmen mal ihren Scope 3 bei den CO2-Emissionen.
Ja, jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt, da brauche ich nur so, wie du es jetzt auch gerade gesagt hast, ein bisschen aufzeigen, wie das dann aussehen wird, kommt mal ganz schnell zu dem Punkt, das geht so nicht. Und klar, man kann, wie soll ich sagen, dass so grobe, einigermaßen Abschätzungen treffen. die dann auch einer externen Überprüfung standhalten.
Zumindest die Unternehmen, mit denen ich jetzt da in dem Bereich zu tun habe, denen liegt es vor allem darum, dass sie sozusagen eine Bulletproof-auditierbare Zahl auch ins Schaufenster stellen können.
Fabian | 13:27.54
Also das erste und das zweite Glied der Kette, da eben Bulletproof-Auditierbarkeit schaffen und dann, sagen wir mal, Grad 3, 4 der Kette. Das ist dann eher so eine Abschätzung.
Prof. Christoph | 13:41.64
Ganz genau. Und wenn wir mal realistisch sind, das wird auch da irgendwo drauf rauslaufen müssen. Also selbst die ganz großen Gorillas in ihren Lieferketten, sonst jetzt die Automotive OEMs oder die großen Retailer, auch die, was die Macht angeht, so die Endstufe sind im Supply Chain Bereich, die kriegen das ja auch nicht anders abgebildet. Irgendwann müssen da grobe... Abschätzungen sein.
Und dann kommen wir genau zu dem, was du gesagt hast, ist auch irgendwie die Frage, was bringt es eigentlich? Also gerade ich bin totaler Freund von Performance-Messungen und Messen überhaupt, aber wenn die Zahl viel Aufwand bedeutet, sie zu erzeugen, aber am Ende des Tages sich keiner damit beschäftigt, wir machen keine besseren Entscheidungen damit oder es ist auch nicht so, dass die jetzt besonders viel Frieden stiften in der Gesellschaft im Sinne von Legitimität erzeugen.
Es kann immer wieder einer herkommen und sagen, das ist mir nicht, das ist mir zu hoch oder das reicht nicht oder ich habe hier irgendwo Sorgen, dass da noch irgendwas. Also dieses Bulletproof, was ich am Ende habe, im Ende geht es ja um Legitimität. Also dass sich die Gesellschaft die Zahl anschaut und sagt, ja, das ist in Ordnung. Und ich glaube, Und da wird es gerade rund um das Thema Nachhaltigkeit einfach schwierig bleiben, dann eine vernünftige Legitimität für solche groben Abschätzungen zu schaffen. Vielleicht gelingt es mal dem einen oder anderen Industriebereich, einen Standard zu schaffen.
Man sieht ja auch in manchen Industrien, dass da Industrieverbände oder Unternehmen zusammen, die Universität Mannheim, meine Business School, aktiv in der Value Balancing Alliance, die versucht eben wirklich in einem ganz breiten Ansatz einfach den sozialen und ökologischen Beitrag von einem Unternehmen zu messen.
Das sind interessante Ansätze und ich bin da nicht im Detail der Experte. Ich bin nur an der Seitenlinie und frage mich interessiert, ob das über die Zeit dann dazu führen wird, dass die Gesellschaft eine höhere Akzeptanz für Geschäftsmodelle hat. Bin ich gespannt.
Fabian | 15:57.13
Ja, ich meine, du hast eben schon ein anderes Thema angesprochen oder ein Stichwort, was man immer mehr hört, Scope 3. Das ist ja auch so ein großes Thema auf jeder CPO-Agenda im Moment. Was habt ihr da quasi für aktuelle Insights aus der Forschung? Ist das ein Thema, was man so einfach umsetzen kann oder ist das auch was, wo man mehr ins 2020 rangehen muss?
Prof. Christoph | 16:20.14
Also ich glaube, man kann je nachdem, das Thema lässt sich, Wenn man konkret werden will, also nur dann in einzelnen Bereichen und einzelnen Industrien, glaube ich, konsistent irgendwie beantworten, wenn überhaupt beantworten. Aber beispielsweise, wir sind in einer Forschungsallianz mit Kollegen aus Österreich und England und auch Deutschland.
Da geht es um Supply Chain Control Towers, der Markus Gershberger. Von der FH Steyr und Georgia Tech ist da der Principal Investigator. Und über dieses Control Tower Thema ging es jetzt darum, eben auch mit Transparenz wiederum, sich mal so Transportketten und da einfach mal den Scope 3 anzugucken. Und schon da ist es halt sehr schwierig. Und ich rede jetzt nur von Road, das noch das Einfachste von allen ist.
Aber selbst da wird es im Detail super schwierig, weil einfach die Logistikdienstleister da nicht volle Transparenz schaffen können oder wollen. Und man dann, je nachdem, welchen Standard man anwendet, muss man relativ hohe konservative Schätzungen annehmen, die dann irgendwann so groß werden, dass man die Zahl auch wirklich niemandem mehr zeigen kann.
Da ist dann so viel Sicherheit und Konservativität drin, dass man mit den Zahlen dann nicht mehr viel anfangen kann. Und da gucken wir uns jetzt halt, wir haben jetzt gerade, letzte Woche habe ich mit Markus Gersperger da gesprochen, mal überlegt, ob wir da gemeinsam uns was anschauen können. Aber er ist da schon deutlich viel weiter. Also die Zuhörer, wer sich dafür interessiert, kann ich nur empfehlen.
Vielleicht mal Markus, auch ein total aufgeschlossener, der sich hier sehr interessiert, für den einen oder anderen Kontakt noch.
Fabian | 18:13.79
Ja, ich meine, das letzte Thema würde ich ansprechen, dieser ganze Trend, der in der Gesellschaft oder auch in großen Unternehmungen vonstatten geht, mit dem Thema Outsourcing, mit dem Thema externe Dienstleister, immer mehr Spend bei den Dienstleistungen. Und das wird softwaretechnisch ja noch nicht irgendwie abgedeckt.
Prof. Christoph | 18:31.56
Ja, genau.
Fabian | 18:36.16
Wie seht ihr das in der Forschung? Und das nächste Thema im Vorgespräch, hast du angesprochen, sogar ein dediziertes Forschungsprojekt. Brand aktuell genau zu diesem Thema. Also ich glaube, Stichwort war Software-Einkauf, wobei da für die Zuhörer nicht die klassische Konsumenten-Software, sondern da geht es wirklich um industrielle Software von großen Automotives.
Das ist ja auch ein Thema, was oft übersehen wird in jedem Teil, was wir heutzutage kaufen oder irgendwie benutzen, steckt industrielle Software, wo es natürlich auch jetzt keine digitalen Einkaufsprozesse gibt. Also ich glaube, das wäre speziell für unsere Zuhörer nochmal sehr spannend. Was macht ihr da? Was treibt euch da um?
Prof. Christoph | 19:14.00
Absolut. Also genau wie du gesagt hast, wir sind in einem größeren Projekt zum Thema Software einkauft. Haben wir gemeinsam mit McKinsey gemacht und mit einem Automobilhersteller Volkswagen. Sind da ursprünglich mal gestartet, eben mit der Ausgangsbasis, wie du es gerade gesagt hast, Embedded Software, komplexe Software, die dann im Produkt steckt.
Und das Problem... Haben jetzt nicht nur die Automotives, sondern wie du es gesagt hast, das trifft letztendlich den Waschmaschinenhersteller genauso wie den Bohrmaschinenhersteller und so, das zunehmend eben als Software enthalten. Und die Unternehmen, die eben aus der klassischen Hardware-Welt kommen, sich da zum Teil extrem gut auskennen, wie man dort gut einkauft. tun sich eben auch schwer, mit diesem Software-Einkauf umzugehen. Und so sind wir an das Thema gekommen.
Es ist total spannend, weil im Software-Einkauf, glaube ich, wirklich was ganz was anderes ist. Erstmal aus den Charakteristika von Software. Software ist nie fertig. Man muss eben von einem Qualitätsbegriff, den wir so aus der Hardware-Welt kennen, ziemlich schnell verabschieden. Jeder, der so, ich habe heute Morgen gerade wieder Updates runtergeladen bekommen von Windows. weiß, dass das heutzutage eben anders läuft und man dann auch diese Beziehungen eben anders ausgestalten muss.
Und zu einem gewissen Teil, und das hatten wir ja im Vorgespräch auch, kann man das auch mit dem bekannten Instrumentarium vom Serviceeinkauf klären. Das macht es nicht viel besser, weil Serviceeinkauf halt auch notorisch komplex ist. Das sage ich auch immer meinen Studenten, also schlaue Leute müssen eigentlich irgendwo so bei komplexen Services sich... am Ende mal starten, weil das ist einfach genau der Punkt, wo man sich mit dem Intelligenten sich da auch durchsetzen kann.
Ich hatte ganz am Anfang erwähnt, Logistikdienstleistungen. Logistikdienstleister ist ein total spannender Bereich. Aber da der Einkauf eben auch, wie organisiert man dort Wettbewerb? Wenn man ein komplexes Service-Level-Agreement hat, wie macht man da Dienstleister vergleichbar? Und zu gewisser Weise hast du das halt im Software auch.
Fabian | 21:23.81
Das ist ja auch irgendwo eine Dienstleistung. Es ist ja quasi kein physisches Gut, sondern es ist ja auch was Komplexes, was jetzt Intangible ist.
Prof. Christoph | 21:33.74
Ganz genau. Es ist halt in einer gewissen Weise dann schon auch ein Ergebnis da. Beim Service ist es ja so, es ist perishable, es ist nicht irgendwie speicherbar und wir haben halt diese starke Service-Empfänger, Service-Provider, gemeinsame Co-Creation beim Service. Zum Teil eben beim Software auch, weil man ja wirklich auch ganz stark die Definitionen von den Interfaces klären muss.
Häufig werden irgendwie Software-Gebinde, sage ich jetzt mal, also einzelne Software-Elemente dann fremdverteilt vergeben und die müssen ja dann auch wieder koordiniert werden. Also insofern, genau gebe ich dir recht. Was unser großes Learning ist und jeder, der sich mit Computer und Informatik beschäftigt, sagt, naja gut, das hätte der auch vorher wissen können.
Aber das große Ergebnis ist erstmal, man kann nicht Software gut einkaufen, wenn man nicht weiß, wie Software entwickelt wird. Ich gebe zu, das ist ein No-Brainer. Aber da kommt man halt ganz schnell auf so Agilitätskonzepte. Und dass man halt so mit dem klassischen Wasserfallentwicklungsansatz, den gibt es durchaus auch im Software. Gerade wenn eine starke Regulatorik irgendwie drauf wirkt.
Aber sonst entwickelt ja irgendwie jeder die Software in gewisser Weise in einem agilen Ansatz. Und so sind wir dann weitergegangen und haben gemerkt, wir brauchen eigentlich auch so Agilitätskomponenten.
Fabian | 23:01.76
Auf der Mystikweise der etwaigen Einkaufssoftware auch diese Agilität im Sinne von Meilensteinkonzepten in der Software dann auch irgendwo abflüchten. Und ansonsten kann man den Einkaufs... Prozess so gar nicht.
Prof. Christoph | 23:15.18
Ganz genau. Also wenn so ungefähr, wenn man glaubt, man kann mit einem konventionellen Ansatz ein Softwareprojekt einkaufen, da muss man nochmal nachdenken, glaube ich. Also das heißt nicht, dass man komplett hier alles auf agil umsetzen muss und einfach nur irgendwie ein morgendliches Stand-up-Meeting macht einem noch nicht agil.
Also es sind schon so... Wichtige Punkte dabei, man muss auch nicht den kompletten Einkauf verändern. Also da wäre ich jetzt auch vorsichtig. Ich weiß, da gibt es viele Berater, die jetzt da auch rumspringen wahrscheinlich und da auch vielleicht auch tolle Konzepte in der Hinterhand haben. Aber was das Operating Model angeht, glaube ich, muss man noch gar nicht so weit greifen.
Aber der Einkaufsprozess, die Leute, die das einkaufen, die müssen erst mal verstehen, wie findet die agile Entwicklung statt. Und dementsprechend dann auch von vornherein schon mal überlegen, wo sind da die Milestones, wie kann ich auch die Spezifikationen so abgeben, dass der Softwareentwickler einfach ein gutes Software-Design bauen kann. Also klassisch, wenn man einfach Spezifikationen untereinander listet, der Softwareentwickler bekommt da irgendwie ein dickes Spezifikations-Sheet und da kann der sich ausrechnen, bis zum Mittagessen muss ich irgendwie 15 Features wegprogrammiert haben.
Und... wie soll denn am Ende irgendwie ein gutes Konzept rauskommen, was man dann auch wieder für die Maintenance und so weiter übergeben könnte. Also diese Elemente muss man sicher berücksichtigen. Und dann, klar, der Einkauf ist dafür da, Wettbewerb zu schaffen. Und man können, und das gucken wir uns jetzt ganz konkret an, man kann sich halt auch überlegen, wenn man diesen Einkaufsprozess im Software clever von vornherein denkt und dass man dann auch Elemente dort oder Schnittpunkte drin hat, wo man nochmal ein Wettbewerbselement reinbringt.
Ich gebe zu, da werden jetzt vielleicht auch ein paar Zuhörer sein, die sagen, das ist total unrealistisch, dass wir während einer Vergabe nochmal fremd vergeben. Oder nochmal den Lieferanten wechseln. Aber für eine große Vergabe, und es reicht ja auch, ich muss ja so ein Credible Signal, würde man so im Economics-Bereich sagen, muss ich an diesen Lieferanten ja nur senden, dass er sich immer nochmal anstrengen muss.
Also dass es zumindest eine Möglichkeit, und zwar eine verlässliche Möglichkeit gibt, dass wir unter Umständen auch wechseln können. Und dafür muss man halt sehr stark auch den Prozess im Griff haben, sich gut überlegen, wie könnte ich das...
Fabian | 25:55.81
irgendwo noch mal trennen und an den anderen zum weiterprogrammieren geben klare schnittstellen gekapselt und so weiter nicht erst dann entspannen die da ist zu diesem thema ich halte dann auch noch mal von zuhörer fest also bei euch gerade der forschung drei brandaktuelle themen supply chain transparenz mit der vision in der lieferkette nachhaltigkeit hier stichwort also für jeden moment interessant.
Und das Thema komplexe Dienstleistungen, was ihr euch am Beispiel industrieller Software-Einkauf anschaut. Also extrem, extrem spannend. Jetzt noch als letzte Frage, was ist deine Zukunftsvision für den Einkauf? Du bist jetzt ja doch schon länger in der Forschung tätig. Was ist so die Zukunftsvision für dich für die nächsten fünf bis zehn Jahre?
Prof. Christoph | 26:46.22
Also kann ich gleich full circle back zum Anfang machen, wo ich ja gesagt habe, so die Themen kommen und gehen. Ich glaube tatsächlich, dass es jetzt am Ende auch immer, es werden mehr oder weniger auch immer die gleichen großen Themen bleiben. Also Risiko, wir leben in einer unsicheren Welt und da wird es irgendwo auch um Fragen gehen, wie puffert man sich ab, geben eben die Stochastik, in der man lebt.
Also Risikomanagement wird ein großes Thema immer bleiben. Wir haben über Innovation jetzt nicht gesprochen, aber letztendlich ist das vielleicht das wichtigste Thema überhaupt. Wenn man sich anschaut, was zeichnet erfolgreiche Unternehmen aus, dann ist es halt immer wieder Innovation und da kann der Einkauf so viel beitragen.
Also lange Rede, ich glaube, diese großen Themen werden bleiben. Die Frage ist halt, wie wirkt der Einkauf auf diese Themen? Und ich denke, das wird darauf rauslaufen, einfach welche Rolle der strategische Einkauf für ein Geschäftsmodell haben wird.
Es wird auf den einen... anderen Branchen so passieren, dass eben der operative Einkauf relativ, dass da relativ bald dann die Lichter ausgehen und strategisch nicht so viele spannende Themen bleiben. Das wäre dann hier dieses berühmte Rest in Peace Procurement, was ich mir durchaus für manche Branchen vorstellen kann.
Fabian | 28:14.16
Einkauf als Innovations-Driver, als Risk-Hatcher und Risk-Monitoring-Funktion und dann auf der anderen Seite, wo es vielleicht operativ dann irgendwie automatisiert sein kann, irgendwie Self-Service und Autonomous.
Prof. Christoph | 28:29.99
Ganz genau. Also auf der einen Seite so dieses, der Einkauf wird aufgewertet oder die Themen, die wir hatten jetzt die ganze Zeit, wenn man da eben einen großen Beitrag leisten kann in Lieferanten-Innovation, Risiko-Hedgen. Nachhaltigkeit beeinflussen.
Dann hat er da Einkauf. Dann ist der auch übrigens ein total spannendes Feld und da will ich zu meinem letzten Punkt eigentlich auch kommen. Das ist dann das Feld, wo wir Talente halt für begeistern müssen. Und das wird uns auch gelingen, weil die Themen einfach gut sind und das einfach der Einkauf einfach place to go, place to be, place to stay wird für top Leute.
Habe ich hier in Mannheim permanent auch... um mich rum, aber wir müssen uns natürlich durchsetzen. Die einen wollen ins Finance gehen, die anderen ins Marketing oder was gründen, wie du. Und dass wir da halt auch klar machen, es gibt echt spannende Karriereperspektiven, wenn man sich mit Einkauf beschäftigt. Und da haben wir das Glück, natürlich tolle Unternehmen auch noch in Kontakt zu haben.
Aber der Einkauf wird sich auch darum kümmern müssen, wie attraktiert er halt da die besten Leute. Weil am Ende ist es ganz einfach, wenn du gute Leute hast. dann kannst du auch gute Ergebnisse liefern.
Fabian | 29:39.94
Nee, das ist eigentlich ein super Schlusswort. Also quasi Investmentbanking und Consulting war gestern, Einkauf ist morgen.
Prof. Christoph | 29:48.38
So ist es.
Fabian | 29:51.66
Ja, dann vielen lieben Dank für den Podcast. Das war eine sehr spannende Diskussion. aktuelle Themen und war wirklich auch mal sehr spannend zu hören, was bei euch was in der Forschung anbelangt.
Prof. Christoph | 30:05.07
Ja, sehr gerne. Vielen Dank. Hat mir Spaß gemacht.
Fabian | 30:10.35
Bleiben Sie uns treu und bis bald bei Procurement Unplugged.